Kennst du das Sprachfenster? Etwas, das vielen Eltern Sorgen macht. Gerade bei schwerhörigen oder gehörlosen Kindern. Im Artikel erfährst du, was das Sprachfenster ist, wann es sich schließt und was das für dein Kind bedeutet.

Inhaltsverzeichnis
1. Sprachfenster: Was ist das überhaupt?
2. Wann schließt das Sprachfenster?
3. Ist es für dein Kind schon zu spät?

Dein Kind ist schwerhörig oder gehörlos? Dann hörst du früher oder später vom Sprachfenster. Dass es extrem wichtig ist – dass es einen großen Einfluss auf die Sprache deines Kindes hat. Vielleicht suchst du im Internet nach Antworten und irgendwann:

Kommt die Angst, dass das Sprachfenster für dein Kind bald schon zu ist. Und dann? Keine Sprachentwicklung mehr möglich ist!

Doch, ein Schritt nach dem anderen.

1. Sprachfenster: Was ist das überhaupt?

Es gibt einen sensiblen Zeitraum für die Sprachentwicklung: Dieser Zeitrahmen wird oft als kritisch bezeichnet. Eine Zeitspanne, in der der Spracherwerb noch möglich ist: das Sprachfenster.

Zum einen geht es darum, dass das Gehirn immer wieder stimuliert wird. In Bezug auf Lautsprache heißt das:  es muss akustischen Input bekommen. In dieser Zeit ist es also sehr wichtig, dass dein Kind Sprache hört. Dadurch kommt es zu neuronalem Wachstum: Das Gehirn reift.

Hört ein Kind ein Wort öfter, dann bilden sich Vernetzungen – es entstehen Neuronen-Verbindungen.

Fehlen diese Stimulationen, dann werden immer mehr Synapsen abgebaut oder abgeschaltet. Und dann wird es immer schwieriger, Sprache zu erwerben.

Oft ist mit dem Sprachfenster auch gemeint:

Wie lange kann ein Kind eine Sprache als Muttersprache erlernen? Also quasi perfekt sprechen.

Dafür braucht dein Kind eine ideale Sprachentwicklung: mit allen Meilensteinen. Für Kinder mit einer Hörbehinderung kann das eine sehr große Herausforderung sein.

Denn: Für den Lautspracherwerb muss auch das Hören funktionieren. Und das quasi rechtzeitig. Klappt das gut, kann dein Kind auch gut Sprache erwerben.

Gut zu wissen:
Es gibt sensible Phasen für den Spracherwerb.

2. Wann schließt das Sprachfenster?

Wenn du recherchierst, wirst du verschiedenste Quellen finden.

Und die Aussagen sind leider nicht immer gleich – sondern sehr unterschiedlich!

Es gibt einen sensiblen Zeitraum zwischen mit etwa 8 – 9 Monaten und circa 3,5 Jahren. In dieser Phase ist das Gehirn besonders gut in der Lage, Schaltungen zu bauen.

Viele gehen davon aus, dass das Gehirn bis zum Alter von 3,5 Jahren am plastischsten ist. Also sich am besten neu vernetzen kann.

Einige behaupten auch: Ein Kind kann danach nur noch mit großer Mühe Sprache erlernen. Die „natürliche Leichtigkeit“ sei dann vorbei.

Das bedeutet aber nicht, dass danach keine Sprachentwicklung mehr möglich ist!

Sprachfenster geschlossen mit 5 Jahren?

Einige sagen, dass das Sprachfenster bis zum Alter von 5 Jahren geöffnet ist.

Die Idee dahinter ist die Annahme: Die wichtigen Phasen der Sprachentwicklung sind dann durchlaufen – sie ist quasi abgeschlossen.

Alles, was danach passiert, dient vor allem der Perfektion. Auch der Sprachschatz wird noch längere Zeit erweitert. Aber die gesamte Grammatik, der Satzbau – das ist alles schon erlernt.

Dieser Ansatz ist – wie alle anderen auch: eine Theorie.

Sprachfenster geschlossen mit 7 Jahren?

Auch diese Altersangabe kannst du finden.

Hintergrund ist hier der Gedanke: Ab 7 Jahren nimmt die Plastizität des Gehirns deutlich ab.

Deshalb nehmen manche an: Dann wird nicht mehr viel verknüpft. Und schon gar nicht mehr leicht. Früher gingen Forscher sogar davon aus, dass es irgendwann gar keine Plastizität mehr gibt. Das ist glücklicherweise schon lange widerlegt.

Gleichzeitig ist es schon so, dass das Gehirn bei jüngeren Kindern deutlich leichter und schneller neue Verbindungen baut.

Sprachfenster geschlossen mit 10 Jahren?

Diese Zeitangabe findest du häufiger auch im Zusammenhang mit dem Erwerben der ersten Sprache. Vor allem bei der Frage: Wie lange kann ein Kind eine Sprache auf Muttersprachniveau erwerben? Also quasi auf der höchsten Stufe.

Manche Forscher gehen davon aus, dass sich das Sprachfenster zwischen 7 und 10 Jahren endgültig schließt. Das gilt dann vor allem für das Erlernen von Grammatik und Satzbau. Danach wird dies sehr viel schwerer.

Immer wieder wird auch das Einsetzen der Pubertät als Grenze diskutiert.

Ist das Sprachfenster noch länger offen?

2018 hat eine Studie des MIT (Massachusetts Institute of Technology) für große Hoffnung gesorgt. Hierbei wurde festgestellt: Kinder können doch noch bis zum Alter von 17 – 18 Jahren eine Sprache auf Muttersprachniveau erlernen.

Voraussetzung: Sie müssen mit spätestens 10 Jahren damit anfangen. Und: Diese Studie wurde ausschließlich für Englisch durchgeführt.

Ganz wichtig hier ist die Frage: Kennt derjenige schon das Konzept Sprache? Oder noch nicht.

Für schwerhörige und gehörlose Kinder kann man das auch aus anderen Gründen nicht unbedingt so direkt anwenden. Denn für diese Kinder ist vor allem auch wichtig: Was war in den ersten Lebensjahren? Gab es Stimulation für die Hörnerven und für das Gehirn? Die Studie gilt also nicht so einfach für jeden, aber: Sie macht Mut!

Du siehst schon, es gibt keine fixen Zahlen, aber viele Überlegungen und Erfahrungen und Beobachtungen. Daraus wurden entsprechende Theorien entwickelt.

Deshalb: Einen genauen Zeitpunkt festzulegen, ist falsch. Wenn dir jemand da etwas anderes erzählt, werde bitte hellhörig.

Gut zu wissen:
Jedes Kind ist einzigartig – deshalb kann keiner wissen, wie es sich genau entwickeln wird.

Club der starken Eltern

Der Club der starken Eltern für Familien mit schwerhörigen und gehörlosen Kindern.

Du machst dir Sorgen um dein Kind? Wie es wohl weitergeht? Ob es in die Sprache kommt – oder was es noch braucht?

Im Club der starken Eltern bekommst du auch hierbei Unterstützung! Denn hier kannst du jederzeit all deine Fragen stellen. Du bist nicht allein!

3. Ist es für dein Kind schon zu spät?

Welche Chancen hat mein Kind jetzt? Wird es noch sprechen lernen – oder ist das Sprachfenster schon zu?

Das fragen ganz viele Eltern, die zu mir in die Beratung kommen. Und ich kann es so nachfühlen. Mir ging es ja vor vielen Jahren ganz genauso mit meinem Sohn.

Ob das Sprachfenster für dein Kind schon geschlossen ist, hängt von vielen verschiedenen Punkten ab.

Ist das Sprachfenster bei deinem Kind zu? Davon kann es abhängen:

  • Alter bei der Diagnose
  • Art der Versorgung, also CI oder Hörgeräte
  • Zeitpunkt der Versorgung
  • Höralter
  • Individuelle Gesamtentwicklung

Du siehst also, es ist gar nicht so einfach, das zu bestimmen.

Und ehrlich: Sicher wissen tut es keiner! Es geht viel um Theorie – um Wahrscheinlichkeiten. Auch um Erfahrungen und die Entwicklung anderer Kinder.

Nach meiner Erfahrung macht es in jedem Fall Sinn, dein Kind weiterhin auf seinem Weg in die Sprache zu unterstützen. Egal, wo es gerade steht.  

Sprachförderung von Kindern - so wichtig.

Du möchtest dein Kind beim Spracherwerb unterstützen? Du suchst nach konkreten Tipps?

Dann ist dieser Artikel genau das Richtige:

Sprachförderung von Kindern – 8 Tipps, was du tun kannst!

Je jünger dein Kind, desto leichter wird es lernen. Und: Es lernt auch, wenn es älter wird. Vielleicht dann langsamer. Aber: Dein Kind wird weiter Fortschritte machen!

Deshalb: Bleib dran – hol dir Unterstützung!

Was deinem Kind außerdem helfen kann:

  • Hörfrühförderung
  • Sprachreha
  • Logopädie
  • Integration im Alltag
  • Unterstützung im Umfeld
  • Sprachliche Vorbilder

Gut zu wissen:
Egal wie alt dein Kind ist – es ist nie zu spät, dazuzulernen!

Coaching-Impuls für dich:
Vielleicht magst du dir diese Frage stellen:
Was würde sich für mich ändern, wenn ich weiß, wann das Sprachfenster meines Kindes zugeht?

Schreib deine Antwort für dich auf. Du kannst daraus später wertvolle Erkenntnisse für dich gewinnen. Schreib sie gerne auch in die Kommentare.

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